Content Marketing braucht nicht nur Inhalte.

Wenn einer auf der Welle reitet, dann kann er was erzählen. Frank Horn (kpunktnull) ist mitverantwortlich für die Neugestaltung der Schwarzkopf-Website als Magazin für Haare, dem deutschen Paradebeispiel für Content-Marketing. Gestern teilte er im Marketing-Hangout von Lars Lars Kempin und Thilo Specht von cluetrainpr.de seine Erfahrungen. Hier eine Speed Summary des sehr langen Hangouts.:

  • Eine Content Marketing Strategie braucht Entscheider, Versteher und Unterstützer in einem Unternehmen. Impulse für eine Strategie kommen aber nur zu 30% von innen. Meist  kommt der Impuls von aussen, wenn z.B. ein digitaler Kanal nicht den Anklang in der Zielgruppe findet, den man sich wünscht, weil die Inhalte auf dem Kanal nicht relevant genug sind.
  • Hohe Bouncerates sind ein Indikator für bestehende Bedürfnisse der Besucher, die aber von den Unternehmen nicht befriedigt werden. Alle Branchen können diese Bedürfnisse identfizieren.
  • Selbst im B2B Segment ist es wichtig, bei Content nicht nur aus Markensicht zu denken, sondern kundenzentrisch. Besucher kommen schließlich nicht durch Markenbegriffe oder wegen Marketingverkaufsprech auf eine Markenpräsenz, sondern über persönliche Bedürfnisse, die sie beispielsweise er-googeln.
  • SEA ist daher auch nur ein Teil von Content Marketing, aber allein nicht genug und sinnlos. Denn wer auf die Website kommt, muß auch finden, wonach er sucht.  Die Website und die Denkstruktur im Unternehmen müssen entsprechend dieser Bedürfnisse ausgerichtet  und geändert werden. Content Marketing mündet dann am Ende in nachhaltigen Veränderungen des Unternehmens.
  • Gute Cases sind die altbekannten: Coca Cola mit magazinartiger Homepage nun auch in Deutschland präsent, weil es in USA ein großer Erfolg ist. Schwarzkopf.de. Redbull. B2B-Beispiel: Imbium (Hersteller von Klebstoffen und Lötzinn für Leiterplatten). Salesforce und Ingineure haben angefangen dort zu bloggen, und haben das Unternehmen für Zielgruppe der Einkäufer sichtbar und als Anlaufstelle etabliert.
  • ROI: Die Korrelation von Umsatzwachstum und Content Marketing ist im B2B leichter nachweisbar. Im B2C-bereich ist der ROI schwieriger nachzuweisen. Die Kette vom Invest bis zum Supermarkt ist schwer durchgängig messbar.
  • Der grundlegende Ansatz des Content Marketing ist ähnlich der bisherigen Corporate Publishing oder Sales-Ansätze: Kundenbedürfnisse zu bedienen und relevante Inhalte zu liefern. Was neu ist: die Nutzung von Content in der Masse durch die digitalen Kanäle. Man erkennt, was die große Masse möchte. Und über die Distributionskanäle erreichen Unternehmen mehr Menschen als zuvor.
  • Content Marketing ersetzt Marketing und PR nicht. Werbung ist laut, direkt, und wirkt awarenessbildend um ins Relevant Set zu kommen. Content Marketing positioniert dagegen Nachrichten vom Nutzwert für den Nutzer her gedacht deutlich leiser. Aber es wird zu einem neuen Verhältnis der Disziplinen kommen. Je weiter Technologien und Nutzer sich entwickeln, desto wichtiger wird relevanter Inhalt werden, und klassische Werbung wird zurückgehen.
  • Mögliche relevante Inhalte identifiziert man über (a) Google: Produkt und Bedürfnisse und Erwartungshaltung des Kunden gilt es abzugleichen. Und daraus kann relevanter Inhalt definiert werden. (b) Social Media Monitoring ist eine weitere zeitaufwendige Methode. (c)   Erfolg von Inhalten im Trial oder Error Verfahren ermitteln. Fehlertolerenz im Content Marketing muß man dazu mitbringen. Umdenken vorausgesetzt.
  • Kampagnen- und Flightdenken funktionieren im Content Marketing nicht. Denn die Optimierung von Wahrscheinlichkeiten von Wirkungsweisen einzelner Flights steht im Gegensatz zu nachhaltiger kontinuierlicher Content Entwicklung. Marketing-Entscheider müssen das wollen und durchsetzen.
  • Content Marketing braucht neue Qualifikationen. Das kann und sollte  auch ein klassischer Marketeer lernen  und lernen können. Denn er bringt viel Marken-Know How mit, das im Content Marketing gebraucht wird. Alternativ holt sich das Unternehmen externe Berater, die einen entsprechenden Mindset mitbringen. Auch Quereinsteiger aus Film und Journalismus können hier neue berufliche Entwicklungsmöglichkeiten finden.
  • Bewegtbild wird als Erklärmedium immer wichtiger. Das klassische Unternehmensvideo ist eher das Negativ-Beispiel für Content Marketing. Qualität im Hinblick auf Kundenbedürfnisse muss auch hier einfließen.
  • Marketing und PR sind Content Marketing Disziplinen. PR ist bisher eher die Betreuung von wenigen Influencern. PR wird durch Social Media Relations breiter und rückt damit näher ans Marketing, dass viele Menschen anspricht. Content Produktion ist in der Zusammenarbeit zwischen Marketing und PR daher besonders lohnend.
  • Unternehmen werden zu Gestaltern von Medien.
  • Inhalte werden zu relevantem Content über Contextualisierung.
  • Viele Agenturen springen auf den Content Marketing Zug auf und verkaufen das Werbetexten von Produktbotschaften als Content Marketing. Verunsicherung bei Verantwortlichen ist die Folge.
  • Zukunftsvision: Der Begriff  „Content“ entfällt und wird zum dominierenden Verständnis von Marketing.
  • Professionalisierung: Kontinuität und Reichweite sind nicht mit nur einem Whitepaper zu erreichen. Aber die internen Autoren kann man mit in die Content Marketing Prozesse einbinden, damit sie die Infrastruktur unterstützen. Auch bei B2B Unternehmen.
  • PR, Sales, Service sind durch Marketing in Content Marketing Prozesse zu integrieren, da alle auf dem gleichen Stand sein müssen. Content Marketing ist nicht nur eine Marketing Disziplin, sondern verändert das gesamt Unternehmen. Tipp: Man fängt an einer Stelle an, und hebt andere Abteilung auf neues Level indem neue Kommunikationsprozesse und Kanäle eingeführt werden.
  • Prozessveränderung geht unabdingbar mit Schulungsaufwand einher. Vom Webinar und Whitepapers für interne Verwendung bis zur Präsenzveranstaltung.
  • Content Marketing bei B2B Mittelstandunternehmen ist eher schwierig: Denn Unternehmer und Geschäftsführer sind  nicht immer soweit, um Content Marketing von oben vorzuleben. Eine Aufgabe für die Beratung.
  • Inhalte sind zunehmend zu klassifizieren, in für externe und für sensible interne Verwendung geeignet.
  • Kuratierende Verwendung von unternehmenseigenen Inhalte durch „Contentpiraterie“ erwünscht. Damit steigt die Reichweite.
  • Digital Rights Management ist eine Herausforderung und muss in Prozessen abgebildet sein.
  • Doublicate Content, also gleichen Inhalt identisch mehrfach zu posten ist nicht ratsam. Ein Leitmedium sollte bestimmt werden als Platz für führenden Content. Weiterführende „light“ Kanäle auf  Twitter oder facebook kann man anbinden.
  • Content wird relevant, wenn er Konsumenten informiert, berät oder unterhält, kurz: einen Mehrwert bringt. Relevanz entsteht in einem Kontext. Content kann nicht für alle geschaffen, sondern Relevanz nur für die eine Zielgruppe erarbeitet werden..
  • Content = Journalismus – Recherche. Wenn Cola über die ägypt. Revolution schreibt, ist das eher ein Rohrkrepierer.
  • Kritische Inhalte in Umständen zu publizieren, in denen ein Unternehmen sich selbst kritisch betrachten muss, ist richtig, aber meist schwer: Offener Umgang mit kritischen Inhalten muss gelernt werden.

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